Je schräger - desto besser ?
Das Durchfahren von Kurven in Schräglage ist sicherlich das Reizvollste beim Motorradfahren und macht es zu einem einzigartigen Erlebnis. Aber daraus entstehen einige Fragen, die einmal etwas genauer betrachtet werden sollen :
- Wieso muss ich eine Schräglage einnehmen ?
- Wie groß muss meine Schräglage sein ?
- Welche physikalischen Kräfte wirken dabei ?
- Schätze ich meine Schräglage richtig ein ?
Fährst Du in eine Kurve hinein, entsteht eine Fliehkraft, die Dich aus der Kurve ziehen will und Du würdest die Fahrbahn verlassen, wenn Du der Fliehkraft nichts entgegen setzen kannst. Du musst also in Schräglage gehen, damit die Erdanziehung die Fliehkraft ausgleichen kann. Also: die Fliehkraft zieht Dich nach außen, die Schwerkraft nach unten. Wir stellen - meist unbewusst - beim Fahren ein Gleichgewicht zwischen den beiden Kräften her (Resultierende). Die Schräglage ist abhängig vom Kurvenradius und der Geschwindigkeit des Motorrads. Außerdem spielen noch die die Höhe des Schwerpunktes und die Reifenbreite eine Rolle.
Wieviel Schräglage ist möglich ?
Mit den heutigen Reifen moderner Motorräder
sich Schräglagen auf griffigem Belag möglich,
die deutlich über den Bereich des praktisch
nutzbaren hinausgeht. Der Bereich wird dadurch
begrenzt, dass diverse Bauteile wie z.B. der
Hauptständer vor erreichen der Schräglage aufsetzen.
Außerdem sind Schräglagen über 35 ° im normalen
Straßenverkehr nicht ratsam, da der Fahrer aus-
reichend Schräglagenreserve für den Notfall zur
Verfügung haben sollte (Grundlage: Kreisbahn
mit 46 m Durchmesser)
* Maschine setzt vor Erreichen der Schräglage auf !
Wer Schräglagen scheut, fährt gefährlich ?
Ist das wirklich so ? Normalerweise führen doch zu große Schräglagen zu einem Sturz! Nun, viele Motorradfahrer fahren jahrelang unfallfrei und haben eher zu viel als zu wenig Reserven. Und diese Fahrer sollen jetzt gefährdet sein ? Sie sind es aber nur dann, wenn sie schräglagenscheu sind, denn irgendwann kommen auch sehr vorsichtige Fahrer in Situationen, in denen sie eine Kurve plötzlich enger fahren müssen. Vielleicht erkennen sie auch eine sogenannte Hundekurve zu spät ... es kommt wie es kommen muss : man benötigt plötzlich mehr Schräglage ! Wenn man das aber nicht beherrscht, kann es schnell sehr gefährlich für werden. Die Folgen können ziemlich schwerwiegend werden : in einer Rechtskurve gerät der Fahrer in den Gegenverkehr und in einer Linkskurve landet er an der Leitplanke oder im Gelände.
Der Fahrer gerät aber nur deshalb in solche lebensgefährliche Situationen, weil er nicht in der Lage ist, seine Schräglage zu vergrößern. Er ist schlicht und einfach nicht in der Lage, seine Schräglage zu vergrößern, weil er seine persönliche Schräglagengrenze erreicht ist. Rein technisch wäre aber eine größere Schräglage durchaus noch möglich gewesen.
Hier hilft nur eines: die Schräglagenscheu muss abgebaut werden. Üben kann man das unter Anleitung bei einem Sicherheitstraining, wie es z.B. die Verkehrswacht Main-Tauber-Kreis anbietet (http://www.verkehrswacht-main-tauber-kreis.de/).
Mit heutigen Motorrädern und deren Bereifung sind bei griffiger Fahrbahn Schräglagen von 45 ° und mehr möglich. Dieser Bereich wird aber oft vor Erreichen der Haftgrenze durch Aufsetzen bestimmter Bauteile (Hauptständer, Fußrasten, Auspuff) begrenzt. Für Fahranfänger liegt die Schräglagengrenze bei ca. 20°, die nur durch ständiges Üben verschoben werden kann.
Bedingt durch die geschichtliche Entwicklung kann der Mensch als Läufer problemlos 20° Schräglage einnehmen, aber eben nicht mehr, da auf natürlichem Boden eine größere Schräglage für ihn gefährlich werden und zum Sturz führen würde.
20° Schäglage - eine "natürliche" Grenze
45 ° Schräglage